Nach seinem großen Erfolg mit Offenbachs Orphée aux enfers 2019 war für Regisseur Barrie
Kosky klar, dass seine nächste Arbeit bei den Salzburger Festspielen einen Kontrast dazu
darstellen sollte. Gemeinsam mit Intendant Markus Hinterhäuser kam er auf Káťa Kabanová
– die erste Janáček–Oper, die er selbst im Alter von 15 Jahren überhaupt gesehen hatte.
„Dieses Stück stand schon immer auf meiner Wunschliste, ich kann mich erinnern, dass ich
damals sehr von der Klangwelt, der Figur der Káťa und der Geschichte berührt war“, erzählt
Kosky. Besonders fasziniere ihn daran die hohe, auf 90 Minuten komprimierte Konzentration
dieses Werks, „In wenigen Takten kann Janáček einen atemberaubenden Kosmos erschaffen,
schon einige wenige Noten sagen alles“. Ihn fasziniere außerdem der Charakter der Káťa als
zentrale Figur, die er als einen „Gefühlsvulkan“ bezeichnet, aber auch Janáčeks besonderes
Gespür dafür, die anderen Figuren zu charakterisieren.
Schnell sei ihm in den Gesprächen mit Markus Hinterhäuser auch klargeworden, dass die
Felsenreitschule sich als ideale Spielstätte für den Inhalt dieser Oper eignet. Für das
klaustrophobische, bedrohliche Element, das dem Stück innewohnt, sei die Felswand
geradezu prädestiniert. „Es entsteht dadurch eine Metapher für das Dorf und die Provinz, in
der die Handlung spielt. Dieses Musiktheater kommt hier besonders gut zum Ausdruck“, erklärt
Kosky. Er habe den Ort der Handlung bewusst nicht konkret in Osteuropa angesiedelt, „es soll
ein Stück über uns alle sein“, betont er in diesem Zusammenhang.
Angesprochen auf seinen Geburtsort Brno (Brünn), an dem die meisten von Janáčeks Opern
uraufgeführt wurden, sagt Jakub Hrůša: „Ja, es gibt so etwas wie eine besondere Brünner
Tradition, das Verständnis für seine Musik ist dort sehr hoch und ständig präsent. Das heißt
aber nicht, dass man das Stück an anderen Orten weniger versteht“. Über die musikalischen
Aspekte und Janáčeks Eigenschaften als Opernkomponist sagt er weiter: „Janáček war in all
seinen Stücken ein Dramatiker, die Oper war für ihn die beste Form, um sich auszudrücken.
In seinen Werken sind Emotionen vorherrschend, die den Fluss abbilden. Seine Musik wirkt
manchmal skizzenhaft, ist aber unglaublich gut antizipiert und mit schnellem Gestus
komponiert – das macht sie so frisch“.
die Kraft der Natur als Urelement, die auf ambivalente Art gleichzeitig beruhigen und
beunruhigen kann, in diesem Fall das Wasser der Wolga“. Ein besonderer Effekt werde
dadurch erzielt, dass der Chor aus einem anderen Raum heraus singe. Für das Orchester sei
es wichtig, in Janáčeks Musik besonders transparent zu sein, eine routinierte Spielweise
funktioniere hier nicht. Das findet auch Barrie Kosky, wenn er sagt: „Die Musik ist wie mit einem
feinen Pinselstrich gemalt.“ Ihm als Regisseur komme außerdem Janáčeks dramaturgische
Denkweise zugute: „Er hatte die Fähigkeit, das gesamte Stück vor seinem inneren Auge zu
sehen, bevor er die Komposition aufgeschrieben hat. Er war ein echter Theatermann – ein
Geschenk für Regisseure“.
An seinen meisterhaften Harmonien und spezifischen Klangfarben an fast jeder Stelle in der
Partitur erkenne man schon nach wenigen Sekunden Janáčeks unverwechselbare
musikalische Handschrift, zu der er allerdings erst in seinen späten Lebensjahren gefunden
habe. „Ich halte ihn darum für einen der authentischsten Komponisten.“
Oper in drei Akten (1921)
Libretto von Leoš Janáček nach dem Schauspiel Das Gewitter (1859) von Alexander
Nikolajewitsch Ostrowski in der tschechischen Übersetzung von Vincenc Červinka
Neueinszenierung
Den Podcast finden Sie unter: https://www.salzburgerfestspiele.at/presse/podcasts
Premiere: 7. August, 20:00, Felsenreitschule
weitere Vorstellungen: 11., 14., 21., 26. und 29. August 2022
Besetzung: https://www.salzburgerfestspiele.at/p/kata–kabanova